Das Meer - unendlicher Raum für Poesie und Phantasie
Zu den Bildern der Serie OCEANO MARE von Claudia Walther
Schon immer hat das Meer Künstler in seinen Bann gezogen, hat sie inspiriert, sie zum genauen Hinschauen herausgefordert und ihnen mit seiner scheinbar unermesslichen Weite den nötigen Freiraum für kreative Prozesse gegeben. Wer die Weite des Meeres liebt, seine durch Licht und Wetter beeinflussten Eigenheiten, weiss diesen schier grenzenlosen Freiraum zu schätzen.
OCEANO MARE, das aktuelle Kunstprojekt von Claudia Walther aus dem Jahr 2011, spürt in grossformatigen, digital bearbeiteten Foto-Drucken von hoher Subtilität dem gigantischen Raum Ozean nach. Es ist ein philosphisches Nach-Spüren inspiriert von Allessandro Bariccos gleichnamigem Buch, dem Claudia Walther prägnante Schlüssel-Stellen entnimmt und sie visualisiert. So wird zum Beispiel Bariccos Aneinanderreihung von Sätzen, die das Ende des „ungeheuren, allmächtigen“ Meeres in einem „Punkt und Augenblick“ beschreiben, in einen grossformatigen Fotoausdruck mit handgeschriebenem Zitat umgesetzt, das sich harmonisch-rhythmisch über die fotografierte Wellenbewegung legt. Dadurch vereinigt sich diese wundervolle, dichte Kombination von Wort und Abbild zu einem Schrift-Bild, das weit über das rein Geschriebene und Gesehene hinausgeht und zu einer assoziativen Denkebene einlädt.
In einem anderen Beispiel, in dem Baricco das Herauslösen einer Idee anspricht, die bedeutet, „... viele Kilometer von Felsenriffen, Küsten und Stränden in einem einzigen Bild zusammen zu fassen, ...“, überlagern sich in transparenter Technik Meer und Sandstrand („Sand Island“), Steinstrand sowie Meer und Felseninsel („Rock Island“) oder Steinstrand, Meer und Glockenblumen („Sea Bells“) zu immer neuen Formationen. So entstehen Meeres-Landschaften, die vertraut und doch zugleich ungewohnt, geheimnisvoll, märchenhaft erscheinen. Nun „malt“ Claudia Walther mit der Kamera, in dem sie gewohnte Seherlebnisse durch Farbveränderung und übereinander geschichtete Motive verfremdet. Das Meer wird zum Spiegel, der Erinnerungen, Sehnsüchte und Träume freigibt und reflektiert, wo aber auch genügend Platz bleibt für verborgene und wie in „Mare Lucida“ (2010) sichtbar gemachte Strukturen, die Claudia Walthers neue Werke seit zwei Jahren prägen.
Dr. phil. Martina Kral, 2011 © Kunsthistorikerin, Luzern